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Gut besuchter Fachtag Asyl

Jugend, Familie & Soziales
16. Juni 2016

Seit im Jahr 2012 die ersten Flüchtlinge in unseren Landkreis kamen, hat sich viel verändert. Aus den damals 40 Personen wurden aktuell (Stand 31.05.2016) 948 Asylbewerberinnen und -bewerber. Hinzu kamen über lange Zeit teilweise bis zu 700 Personen täglich über die „Grüne Grenze“, die in Freilassing in der Notunterbringung versorgt wurden, sowie die vielen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die in speziellen Unterkünften versorgt wurden.

Die große Menge der ankommenden Personen stellte und stellt eine enorme Herausforderung für die zuständigen Institutionen und Behörden dar. Nur dank der unbürokratischen Hilfe unserer Bürgerinnen und Bürger konnten und können die Flüchtlinge bestmöglich versorgt werden. Viele der Helfergruppen und -kreise entstanden aus Notwendigkeit heraus und bestehen bis heute fort. Die Helferinnen und Helfer mussten sich das Meiste selbst erarbeiten sowie erlernen und so gibt es in jedem Helferkreis unterschiedliche Herangehensweisen und Schwerpunkte.


Um diese gesammelten Erfahrungen zu bündeln, lud das Landratsamt Berchtesgadener Land am 03. Juni 2016 die ehrenamtlichen Flüchtlingshelferinnen und -helfer des Landkreises zum Fachtag Asyl ein. Das Ziel der Veranstaltung war es, den Ehrenamtlichen die Möglichkeit eines gegenseitigen Kennenlernens zu geben, damit ein Erfahrungsaustausch, Wissenstransfer und gemeindeübergreifende Kollaborationen stattfinden konnten. Die über 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten Landkreis sind Beweis für die immer noch anhaltende Hilfsbereitschaft und das immerwährende Engagement für Flüchtlinge.


Nach der Begrüßung der Leiterin des Geschäftsbereichs Jugend, Familie und Soziales im Landratsamt Berchtesgadener Land, Magdalena Ruhland, die in ihrem Namen und im Namen des Landrats ein herzliches Dankeschön an die Ehrenamtlichen für deren Unterstützung und für deren Engagement bei der Erfüllung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe aussprach, berichtete der Leiter der Caritas Berchtesgadener Land, Rainer Hoffmann, über die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen, Behörden und Ehrenamtlichen sowie über die wechselnden Aufgabenbereiche der Helferinnen und Helfer.


„Sie können sich also nicht vorstellen, welche nachhaltige Wirkung diese Hilfe, vor allem von Bürgern wie Sie [sic!], die sich ehrenamtlich einsetzen, für uns alle als Neuankömmlinge hatte.“ (Fahim Sobat, Vortrag Fachtag Asyl 2016)


Als Siebenjähriger von Afghanistan über den Iran nach Deutschland vor dem Krieg geflohen, kennt Fahim Sobat, Soziologe und interkultureller Trainer, die Leidensgeschichte vieler der nun bei uns lebenden Flüchtlinge. In seinem Impulsvortrag sprach er über das Glück seiner Familie, ein deutsches Ehepaar kennengelernt zu haben, das ihr half, sich in der neuen Gesellschaft zurechtzufinden und sich so ein neues Leben aufbauen zu können.


„Aus den ursprünglich geplanten zwei Jahren [in Deutschland] werden es in diesem Jahr 34 Jahre.“ (Fahim Sobat, Vortrag Fachtag Asyl 2016)


Durch die anhaltenden Konflikte in Afghanistan war es der Familie nicht möglich, in ihre Heimat zurückzukehren. Heute befinden sich Verwandte von Sobat auf der ganzen Welt verteilt.


„Das Leben beginnt ungerecht und es endet ungerecht und dazwischen ist es auch nicht viel besser.“ (Fahim Sobat, Vortrag Fachtag Asyl 2016)


Seit ca. 70 Jahren ist die europäische Bevölkerung frei von Kriegen und konnte so stabile Demokratien aufbauen und weiterentwickeln. Deutschland, als eines der wirtschaftsstärksten und stabilsten Länder, zählt zu einem der favorisierten Ziele der Flüchtlinge. Sobat sieht die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure als „Schicksalskorrektoren“, als Chancenermöglicher. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer kämpfen gegen Rassismus sowie Vorurteile und versuchen, den Flüchtlingen die Teilhabe an der Mehrheitsgesellschaft zu ermöglichen. Beidseitiges Agieren ist Grundvoraussetzung für eine gelingende Integration und ein harmonisches Zusammenleben:


„Das Grundgesetz fordert das Fördern und fördert auch das Fordern.“ (Fahim Sobat, Vortrag Fachtag Asyl 2016)


Vom Integrationsgesetz wünscht sich der Soziologe ein intelligentes Integrationskonzept, das fördert, aber auch fordert und sich auch im Alltag umsetzen lässt. Hier merkt Sobat an, dass die meisten Flüchtlinge lernen und schnellstmöglich selbstständig und eigenverantwortlich leben wollen, was auch eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt bedeutet.


„Der starke Staat ist ein Staat, der für Chancengerechtigkeit und Menschenwürde kämpft, der sich um das Wohl der Schwachen kümmert und dabei allmählich lernt, dass die Schwachen gar nicht so schwach sind, wie man oft meint und dann ihre Stärken zu schätzen lernt.“ Fahim Sobat, Vortrag Fachtag Asyl 2016)


Sobat schließt den Vortrag mit dem Motto des Tages: Zukunft miteinander gestalten! Und lädt alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu ein, in die Workshops zu gehen und so mitzudenken und mitzugestalten.


Nach einer kurzen Pause ging es weiter in die Denkwerkstätten der Workshops zu verschiedenen Themen, in denen aktuelle Projekte, Problematiken und Wünsche unter der Anleitung der Moderatoreninnen und Moderatoren diskutiert wurden.


Die Psychologin der Caritas Berchtesgadener Land, Sabine Nützel, behandelte in dem Workshop "Flucht & Trauma" die Fragen, was Trauma eigentlich bedeutet, wie viele Flüchtlinge traumatisiert sind und wann von einem Trauma gesprochen werden kann. Nach Nützel liegt ein Trauma dann vor, wenn ein traumatisierendes Ereignis stattgefunden hat, sich die Person existenziell davon bedroht gefühlt hat und den Eindruck hat, dass sie dieses Ereignis nicht selbst kompensieren kann. Ein Trauma kann verschiedene Symptome hervorrufen: die Intrusion, eine unwillkürliche und belastende Erinnerungen an das Ereignis, das Hyperarousal - die Übererregung, die ein Zeichen dafür ist, dass die entsprechende Person nicht zur Ruhe kommt, ein Vermeidungsverhalten oder auch die Dissoziation, bei der Realität und Erinnerungen voneinander abgespalten werden. Dies kann sich alles in Schlafstörungen, psychosomatischen Störungen, Persönlichkeitsstörungen u.v.m. äußern.  


Die turbulente Truppe der Sozialpädagogin Karen Wienholt, die bei der Caritas als Asylsozialberaterin tätig ist und den Helferkreis Freilassing leitet, tauschte untereinander ihre Erfahrungen der Helferkreiskoordinierung und –strukturierung aus und versuchte, die Modelle auf ihre eigenen Gruppen anzuwenden.


Der Referent Fahim Sobat übernahm die Moderation des Workshops "Das Fremde in uns - kultursensible Kommunikation in der Flüchtlingsarbeit" und hatte eine sehr intensive Runde mit vielen konkreten Fragen zu kulturellen Eigenheiten und deren Folgen in der Arbeit mit Flüchtlingen aus anderen Kulturkreisen. Sobat plädiert für die richtige Balance, nicht zu unterfordern, auch Regeln einzufordern und darüber zu informieren, natürlich alles im richtigen Ton.


Die Workshops "Asylbewerber in die Arbeit" mit Martina Gaukler und Michael Brauner, der Bundesagentur für Arbeit und "Anerkannt, und jetzt?" mit Anne Pipietz, der Leiterin des Fluchtteams im Jobcenter und Franz Neumayer, Ehrenamtskoordinator der Caritas, übten sich vorbildlich in der Kooperation der Ämter und vereinten die themennahen Gruppen. Eine der größten Fragen waren die genauen Zuständigkeiten, die Abgrenzung zwischen den Ämtern sowie die Definition der Zugangsmöglichkeiten von Asylbewerberinnen und -bewerbern zum Arbeitsmarkt.


Die Gruppe der ehrenamtlichen Deutschlehrerinnen und -lehrer war sich einig: in unserer Gemeinde läuft es sehr gut! Dies kann leider nicht vom gesamten Landkreis gesagt werden, weshalb die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter Anleitung der Moderatorin Sina Messinger, selbst ehrenamtliche Deutschlehrerin und Deutschstudentin, empfehlen: eine gut strukturierte Organisation und Leitung der Kurse ist notwendig, um ein möglichst breites und vollständiges Angebot bieten zu können und so auch mit gut funktionierenden Absprachen untereinander rechnen zu können.


Der stellvertretende Leiter des Ausländeramts im Landratsamt Berchtesgadener Land, Thomas Issel, informierte seine Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Begrifflichkeiten wie Asylsuchende/r oder Asylbewerber/in, über den Ablauf des Asylverfahrens vom Zeitpunkt der Grenzüberquerung bis hin zur Anerkennung oder Ablehnung und deren Folgen sowie über die Möglichkeiten der freiwilligen Rückkehr.


Bei der Abschlussdiskussion im Plenum wurden einige praktische Fragen über Anerkennung des Führerscheins für Drittländer, Fördermöglichkeiten für Projekte und Ausflüge mit Asylbewerberninnen und -bewerber sowie über die Arbeitsweise des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt. Auch wurde beanstandet, dass es nicht genügend Integrationskursangebote für Anerkannte im Landkreis gebe und auch die Wohnungs- und Arbeitssuche ein kompliziertes Thema sei. 

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