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Sensible Zeit für bedrohte Hühner

Umwelt & Natur
16. Juni 2023

Mit dem Frühling beginnt auch wieder die Brut und Aufzuchtzeit vieler Vögel – darunter auch der seltenen Raufußhühner, die im Berchtesgadener Land und im Alpenraum noch vorkommen.


Federn in Tarnfarben von den Nasenlöchern bis zu den Zehen, ein kräftiger Muskelmagen der, zusammen mit absichtlich verschluckten Steinchen, karge Nahrung wie Nadeln, Knospen, Blätter oder Triebe zermahlt, um daraus die wenigen Nährstoffe zu gewinnen, auffällige Paarungsrituale im Frühjahr und naturgegebene Feder-Schneeschuhe im Winter – das sind die heimischen Raufußhühner.
 

Bedrohte Anpassungskünstler und Meister der Tarnung

Raufußhühner sind geschützte Arten, die in Deutschland extrem selten – und im Fall von Auerhuhn und Birkhuhn vom Aussterben bedroht – sind. Außerhalb des Alpenraums gibt es nur noch wenige und teils voneinander isolierte Vorkommen etwa in den Mittelgebirgen wie dem Bayerischen Wald oder der Rhön. Im Berchtesgadener Land kommen mit Auerhuhn, Birkhuhn, Haselhuhn und Alpenschneehuhn alle vier in Deutschland heimischen Arten noch vor und machen den Landkreis zu einem wichtigen Refugium und einem der letzten Rückzugsorte der Raufußhühner in Deutschland und Mitteleuropa.
 

Raufußhühner sind an extreme, karge und kalte Lebensbedingungen angepasst, sehr scheu und leben zurückgezogen. Neben dem Verlust ihres Lebensraumes macht ihnen der besonders in den vergangenen Jahren immer stärker werdende Freizeitdruck zu schaffen. So ist ihr Lebensraum – in den Gebirgslagen bis auf 2500 Meter – für viele unternehmungslustige Menschen eine idyllische naturnahe Landschaft, ein Skiparadies oder ein reizvoller Pfad abseits der Wege.
 

Dabei sind Raufußhühner nicht nur Meister der Anpassung an extreme Lebensbedingungen, sondern auch Meister der Tarnung. Viele sind ihnen schon bei Wanderungen begegnet, ohne sie bemerkt zu haben. Denn die Raufußhühner haben als einzigen Schutz vor potenziellen Räubern ihre Tarnung aus einem an die Umgebung angepassten Federkleid, Regungslosigkeit und das Leben in der Verborgenheit – deswegen begeben sie sich meist in Deckung, noch bevor der Mensch sie sieht.
 

Kann man Raufußhühner sehen – und was bedeutet das für sie?

Am ehesten sieht man sie zur Balzzeit, die gerade zu Ende gegangen ist – vereinzelt den ein oder anderen balzenden Auerhahn, der zu dieser Zeit mit Adrenalin und Testosteron vollgepumpt ist, sodass er versucht, alle potenziellen Rivalen, denen er in seinem Revier begegnet, mit Drohgebärden zu verscheuchen. Das können dann auch Menschen sein. Hier ist es wichtig, Abstand zu halten und nicht stehen zu bleiben, da dies als zusätzliche Provokation empfunden wird und den Hähnen noch mehr lebenswichtige Energie abverlangt.
 

Abseits dieser Extremfälle bekommen Menschen Raufußhühner aber eher nicht zu Gesicht. So kann jemand beim Wandern am Berg oder im Wald bereits ein Huhn gestört haben, ohne dass sich dessen bewusst zu sein. Werden sie außerdem plötzlich und für sie unvorhergesehen im Gebiet überrascht – etwa durch Wanderer abseits der Wege, Radler oder Skitourengeher, flüchten sie.
 

Dabei bedeutet jede Störung für die Tiere Stress und Energieverlust – lebenswichtige Energie, die die Hühner aufgrund ihrer kargen Nahrung nur sehr begrenzt zur Verfügung haben, und die sie für Ihr Überleben und ihre Fortpflanzung bräuchten.
 

Auerhühner reagieren auf Störungen abseits markierter und regelmäßig begangener Wege besonders empfindlich – sie merken sich diese Gefahrenstelle und meiden sie dann oft dauerhaft oder wandern in weniger geeignete Gebiete ab. Das hat zur Folge, dass ihr ohnehin nur noch kleiner und teils zersplitterter Lebensraum weiter schrumpft.
 

Die sensibelste Zeit im Leben eines Raufußhuhnes

Neben dem Winter ist besonders die in diesen Tagen beginnende und bis in den Juli und teilweise August andauernde Brut- und Aufzuchtzeit der Jungen eine besonders störanfällige und kritische Zeit für die Raufußhühner. Hier legt die Henne in eine versteckte auf dem Boden gescharrte Mulde ihre Eier, die sie etwa einen Monat bebrütet – nur während der Dämmerung verlässt sie zur Nahrungssuche das Nest. Die geschlüpften Jungen sind zwar Nestflüchter und können sofort selbstständig laufen, sind aber noch nicht flugfähig und von der Henne abhängig. So müssen sie die ersten Wochen von der Henne immer wieder gewärmt werden, weil sie ihre Körpertemperatur noch nicht selbstständig regulieren können. Leider stirbt ein großer Teil der Jungen in den ersten Monaten, etwa durch extremes Wetter, eine zu feuchte Witterung, durch Störungen oder durch Fressfeinde.
 

Nähert sich in dieser äußerst sensiblen Zeit ein Fressfeind, oder etwas, das von der Henne für einen solchen gehalten wird, bleibt sie während der Brut möglichst lange auf ihrem Nest sitzen und flüchtet erst spät von ihrem Gelege. So kann ein auffliegender Vogel etwa bedeuten, dass sich eine Henne unfreiwillig von ihrem Gelege oder ihren Küken trennt und sie schutzlos zurücklässt. Dabei kann sie vortäuschen verletzt zu sein – sie schleppt sich zum Beispiel mit hängendem Flügel davon, um von ihrer Brut oder von ihren Küken abzulenken und den Fressfeind wegzulocken. Auch dann bedeutet jede Bedrohung und jede Flucht den Verlust wertvoller Energie und Zeit, die die Henne zur Nahrungssuche bräuchte oder zum Wärmen und zum Schutz ihrer Jungen.

 

Was bedeutet das für den Menschen?

Menschen können gerade in dieser sensiblen Zeit Rücksicht nehmen, wenn sie sich beim Wandern oder Bergradeln im Lebensraum der Raufußhühner bewegen: die ausgewiesenen Wanderrouten nicht verlassen, nicht Querfeldein oder auf Trampelpfaden durch den Wald gehen, Hunde anleinen und nicht unnötig lärmen. Zusätzlich hilft es, nicht in der Dämmerung oder im Morgengrauen unterwegs zu sein. So können die letzten Vorkommen der faszinierenden Anpassungskünstler geschützt werden. Damit diese besonderen Tiere überleben können und dem Landkreis dauerhaft als prägende regionale Raritäten erhalten bleiben.