Doch was genau ist eigentlich ein Betreuungsverein und was sind seine Aufgaben? Darüber informieren die Betreuungsstelle am Landratsamt Berchtesgadener Land und der Betreuungsverein Berchtesgadener Land e.V.:
Was ist ein Betreuungsverein und welche Aufgaben hat der Betreuungsverein Berchtesgadener Land?
Das Team des Betreuungsvereins – im Berchtesgadener Land aktuell bestehend aus sechs Personen – hat unterschiedliche Aufgaben. Dazu gehören:
Information und Beratung der Bevölkerung über Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung
Rechtliche Betreuung von Personen, die nicht geschäftsfähig und handlungsfähig sind und die nicht per Vorsorgevollmacht eine Vertrauensperson bestimmt haben
Unterstützung von Bevollmächtigten bei der Ausübung der Vollmacht für Erkrankte
Akquise und Betreuung beziehungsweise Unterstützung von rechtlichen Betreuern (ehren- und hauptamtlich)
Der Betreuungsverein Berchtesgadener Land besteht aus einem mehrköpfigen Vereinsbetreuer-Team?
Aktuell gehören zu dem Team drei Vereinsbetreuer: Ludwig Rehrl ist der Geschäftsführer des Vereins, repräsentiert den Verein auf Veranstaltungen, hält Informationsvorträge zum Thema „Rechtliche Vorsorge“, berät Interessierte dazu und arbeitet auch als rechtlicher Betreuer. Die Vereinsbetreuerinnen Christina Frieß und Tatjana Bosl führen zusammen rund 100 rechtliche Betreuungen im Berchtesgadener Land.
Der Verein hat seinen Sitz im Gebäude des Amtsgerichts Laufen. Welche Schnittstellen gibt es hier?
Der Betreuungsverein hat seine drei Büros im Gebäude des Amtsgerichts Laufen, weil mit diesem auch eine enge Zusammenarbeit besteht. Denn rechtlich betreut werden Personen vom Betreuungsverein nur dann, wenn ein rechtlicher Betreuer vom Gericht entsprechend auf Basis eines gerichtlichen Beschlusses dazu bestellt wurde.
Der rechtliche Betreuer steht in engem Kontakt zu seinen Betreuten und besucht sie regelmäßig, um sich auch persönlich einen Überblick über die Verfassung und die Lage zu verschaffen. Dieser gewonnene Eindruck hat durchaus auch Relevanz bei Gericht, wenn dies zur weiteren Gestaltung der Betreuung Änderungen etwa im Aufgabenkreis der rechtlichen Betreuung anordnet.
Das Team des Betreuungsvereins ist auch als rechtlicher Betreuer aktiv. Was ist das Aufgabengebiet eines rechtlichen Betreuers?
Ziel ist es hier, die betroffene Person in ihren rechtlichen Belangen zu unterstützen und wenn nötig zu vertreten. Der Betreuungsverein oder die Betreuungsstelle am Landratsamt werden auch kontaktiert, wenn Betreuer oder Bevollmächtigte Fragen haben oder wenn Personen nicht handlungsfähig sind und keinen gesetzlichen Vertreter per Vorsorgevollmacht bestimmt haben. Nach der Überprüfung, ob eine Betreuung erforderlich ist, und Einrichtung einer Betreuung durch das Betreuungsgericht haben sie auch weiter eine wichtige Rolle. Wird ein Vereinsbetreuer des Betreuungsvereins bestellt, kümmert er sich dann darum, dass diese Betreuten rechtlich unterstützt und vertreten werden.
Rechtlich vertreten heißt, der rechtliche Betreuer hilft beispielsweise bei notwendigen Antragstellungen, unterstützt bei der Finanz- und Vermögensverwaltung, kann – wenn nötig – Verträge im Namen der erkrankten Person abschließen oder kündigen, Banktermine wahrnehmen. Dazu gehören auch das Fällen von Entscheidungen in gesundheitlichen und medizinischen Angelegenheiten im Sinne der Gesundheitsfürsorge, in Pflege- und Heimangelegenheiten, die Vertretung bei behördlichen Angelegenheiten, Unterstützung bei der Stellung von Anträgen, die Vermögenssorge und Regelung finanzieller Belange oder ähnliches. Auch die Aufenthaltsbestimmung kann Teil des Aufgabenkreises eines rechtlichen Betreuers sein.
In dem Zuge ist wichtig zu erwähnen, was nicht zum Aufgabengebiet eines rechtlichen Betreuers gehört: die Übernahme von Erledigungen des alltäglichen Lebens. Für Dienstleistungen wie zum Beispiel Fahrdienste zum Arzt, oder wenn die Hecke geschnitten, der Rasen gemäht, der Hund Gassi geführt und eingekauft werden muss, unterstützen rechtliche Betreuer bei der Suche entsprechender Helfer oder Dienstleister, die diese Aufgaben im Bedarfsfall erledigen. Auch pflegerische, therapeutische, soziale oder haushaltsnahe Dienstleistungen gehören nicht zu den Aufgaben eines rechtlichen Betreuers.
Was sind klassische Betreuungsfälle? Wer wird von rechtlichen Betreuern – und damit vom Betreuungsverein – betreut?
Waren es früher zumeist ältere Menschen in Pflegeheimen, die keinen familiären Bezug mehr hatten, hat sich das in den vergangenen Jahren verändert. Die rechtliche Betreuung findet inzwischen quer durch alle Altersgruppen statt – etwa, weil psychische Erkrankungen, Behinderungen, Suchterkrankungen oder auch vorübergehende Beeinträchtigungen oder Erkrankungen, die zur Handlungsunfähigkeit führen können, vorliegen. Inzwischen werden durchaus auch jüngere Personen rechtlich betreut, die ihren Alltag nicht selber bewerkstelligen können und Hilfe von einem gesetzlichen Vertreter benötigen. Generell gilt, dass Menschen ab dem 18. Lebensjahr, die wegen einer körperlichen, geistigen, seelischen oder psychischen Beeinträchtigungen nicht selbstbestimmt handeln können, von einem gesetzlichen Vertreter, dem rechtlichen Betreuer, unterstützt werden.
Wichtig ist, dass gesetzliche Vertreter durch das Gericht zeitlich beschränkt beauftragt werden, Personen rechtlich zu betreuen. Die Aufhebung der Betreuung ist vor allem das Ziel, so der Verein, bei der rechtlichen Betreuung von jüngeren Menschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren, die neben einer Krankheit beispielsweise Motivationsschwierigkeiten haben, keine Wohnung, keinen Schulabschluss oder Ausbildungsplatz haben und in ihrer Rolle als Erwachsener noch nicht Fuß fassen wollen oder können. Wenn dies dann mit Unterstützung eines Betreuers gelingt, ist eine Einschränkung oder gar die ganze Aufhebung der Betreuung möglich, und hat das Ziel, eine selbstständige Lebensführung zu ermöglichen, erreicht.
Wie kommt es zu einer rechtlichen Betreuung?
Es gibt gesetzlich festgelegte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Liegen Erkrankungen vor, gibt es Auffälligkeiten, die der Betreuungsbehörde am Landratsamt oder dem Betreuungsgericht Laufen angezeigt werden und wurden alle anderen Hilfen ausgeschöpft? Das Betreuungsverfahren kann vom Betroffenen selbst angeregt werden, wenn er seine rechtlichen Belange aufgrund einer Krankheit nicht selbst regeln und keine Vorsorgevollmacht ausstellen kann, sowie auch von Angehörigen oder dem professionellen Umfeld wie etwa Ärzte.
Grundsätzlich werden zunächst die Möglichkeiten zur Betreuungsvermeidung geprüft sowie von der Betreuungsstelle am Landratsamt ein Sozialbericht erstellt. Wenn es keine betreuungsvermeidenden Hilfen gibt oder diese nicht ausreichen, wird geklärt, ob im persönlichen Umfeld aus der Familie oder des sozialen Umfeldes des Betroffenen eine geeignete Person als Betreuer zur Verfügung stünde. Zusätzlich wird von einem gerichtlich beauftragen Sachverständigen ein psychiatrisches Gutachten zum Krankheitsbild und Betreuungsbedarf erstellt. Schließlich findet noch eine persönliche Anhörung des Betroffenen durch den Betreuungsrichter statt.
Auf Basis dieser drei Elemente trifft das Betreuungsgericht die Entscheidung, ob ein Betreuungsfall vorliegt, wer rechtlicher Betreuer wird, welche Aufgabenbereiche verwaltet werden sollen und wie lange die Betreuung erforderlich ist.
Spätestens nach sieben Jahren wird der Betreuungsbedarf neu beurteilt. Wichtig zu wissen: der Betroffene hat zu jeder Zeit stets Auskunfts- und Mitspracherechte und kann seine Wünsche für die Betreuung äußern und mitwirken. Gericht, Behörde und der Betreuer haben grundsätzlich eine Wunschbefolgungspflicht.
Warum braucht es einen Betreuungsverein im Landkreis?
Weil die Zahl der Erkrankten allen Alters, die keine Vorsorgevollmacht erstellt haben, steigt und sich auch die gesetzlichen Bestimmungen verändert haben. Inzwischen wollen auch einige Menschen nicht mehr die „volle Macht“ über ihr Leben – wenn sie selbst entscheidungsunfähig werden sollten – nicht in die Hände ihrer Angehörigen geben und auch Angehörige können mit der Vorsorgevollmacht überfordert sein oder diese ablehnen. In diesen Fällen wird per Gerichtsbeschluss ein ehrenamtlicher oder beruflicher Betreuer bestimmt, der die gesetzliche Betreuung übernimmt.
Rechtliche Betreuer können ehrenamtlich oder hauptamtlich im Einsatz sein. Ehrenamtliche Betreuer werden vom Betreuungsverein in der Aufgabenwahrnehmung begleitet und unterstützt. So muss beispielsweise ein ehrenamtlicher Fremdbetreuer, der nicht aus dem persönlichen Umfeld des Betroffenen stammt, mit dem Betreuungsverein eine Vereinbarung zur Begleitung und Unterstützung abschließen. Kommt der rechtliche Betreuer aus dem familiären Umfeld, hat dieser die Möglichkeit, jederzeit Rat und Unterstützung beim Betreuungsverein einzuholen oder auch mit dem Verein eine Unterstützungsvereinbarung abzuschließen. Dieses Angebot ist für Betreuer kostenfrei.
Zusätzlich berät der Betreuungsverein auch Personen bei der Erstellung ihrer Vorsorgevollmachten – etwa zu den Fragen, was dabei berücksichtigt werden muss, wie die Person ausgewählt werden soll, die bevollmächtigt wird, mit welchen Rechten sie versehen werden soll, etc. und unterstützt auch Bevollmächtigte in der Aufgabenwahrnehmung.
Wie finanziert sich der Betreuungsverein Berchtesgadener Land?
Der Verein ist eine Non-Profit-Organisation, die es seit 1995 gibt, und die autark ist, also keinem Dachverband angehört. Er finanziert sich im Wesentlichen aus den Einnahmen aus den Betreuertätigkeiten über ein gesetzlich geregeltes Vergütungsmodell, aus Zuschüssen des Landkreises und der Regierung von Mittelfranken, aus Mitgliedsbeiträgen (passive Mitgliedschaft) und Spenden.